So kurz vor dem WM-Eröffnungsspiel werden wieder alle möglichen Experten oder auch Oliver Pocher bei Maischberger gefragt, ob wir denn Weltmeister werden? Der ließ sich zu der Aussage hinreißen “so lange wir im Turnier sind, können wir auch Weltmeister werden”. Konkreter äußern sich Ex-Fußballer, ehemalige Bundestrainer oder Torhüter – einige sagen natürlich auch, dass sie vom WM-Titel 2014 ausgehen. Um seinem Status als Experte gerecht zu werden, kann man nun aber auch nichts falsch machen, wenn man in die Mikrofone fast schon die Forderung nach dem Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft reinspricht. Denn sollte die Erwartung, dass Deutschland Weltmeister wird, nicht bestätigen – dann ist ja nicht die eigene Einschätzung schuld, sondern “natürlich” eben die Nationalelf und man kann passenderweise gleich gefragt werden, an was es denn so gelegen habe. So einfach kann das Leben als Experte sein, etwas überspitzt gesagt. Ich erwarte bei einer Experten-Meinung eine sachliche und neutrale Sicht der Dinge mit Berücksichtigung der Gegner und der eigenen spielerischen Mittel. So treten einige kurz vor der WM doch etwas kürzer und freuen sich schon über das Erreichen der Vorrunde. Gefragt wurden Fredi Bobic, Mario Basler, Reiner Calmund, Horst Heldt, Cafu, Boateng, Lothar Matthäus und einige andere Spieler:
Sätze wie “Deutschland ist schon immer eine Turniermannschaft” sorgen bei mir nur noch für ein fast mitleidiges Lächeln, aber irgend etwas müssen sie halt sagen auf Nachfrage. Schließlich sind “wir” ja alle mit Beginn der Weltmeisterschaft Nationaltrainer auf dem eigenen Sofa, ein Couch-Coach sozusagen. Experten glauben also eher aufgrund aus Selbstschutz an den WM-Titel als aus wirklicher Überzeugung. Außerdem wird einem ja dann auch Pessimismus unterstellt, obwohl man sogar ganz gut begründen könnte, warum der vierte Stern für Deutschland eine sehr ambitionierte Zielsetzung ist: Zum Beispiel, dass Manuel Neuer nicht zu 100% fit ist, Marco Reus verletzt ausfällt und auch sonst einige angeschlagen sind wie Khedira oder Lahm. Schon in der Vorrunde wird es keinen Durchmarsch geben und das erste Spiel gegen Portugal könnte die Koordinaten neu verschieben, danach muss man unter Umständen schon gegen Ghana unter Druck gewinnen und gegen Jürgen Klinsmanns US-Boys wird es auch nicht eben leicht. Aber wollen wir mal nicht zu viel Salz in die Suppe streuen und die positive Grundstimmung nicht zerstören, damit auch ordentlich der Rubel rollt am Zuckerhut und auch im eigenen Land. Vielleicht sorgen aber auch die zuletzt etwas defensiveren Töne für eine größere Überraschung?